Nur noch zum Kotzen:
Türken sehen sich als Opfer
Für Joseph Blatter wurde "das Fairplay mit Füßen getreten"
München - Nach den gewalttätigen Ausschreitungen nach dem WM-Relegationsspiel gegen die Schweiz drohen dem türkischen Fußball drastische Strafen.
"Von null bis zu einer Suspendierung des türkischen Verbandes oder sogar einem Ausschluss der Türken von der übernächsten WM 2010 ist alles möglich", erklärte Fifa-Präsident Sepp Blatter am Donnerstag zornig.
Die Fifa wird noch am Freitag Ermittlungen einleiten.
Huggels Tritt als angeblicher Auslöser der Krawalle
Die "Gastgeber" sehen sich allerdings selbst in der Opfer-Rolle. Nach ihrer Ansicht haben die Pfiffe gegen die türkische Nationalhymne im Hinspiel in Bern und der Tritt des Frankfurters Benjamin Huggel nach Spielende in Istanbul gegen den türkischen Co-Trainer Mehmet Özdilek die Krawalle erst provoziert.
"Unsere Spieler sind in die Falle gegangen", schrieb die Sportzeitung "Fanatik". Und "Sabah" meinte: "Die Türkei ist stolz auf euch! Leider gab es nach dem Spiel Kriegszustände! Der Schweizer Huggel hat mit seinen Tritten dafür gesorgt!"
Noch realitätsferner als die fragwürdige Rechtfertigung der Ausschreitungen von Fans, Spielern, Offiziellen und Sicherheitspersonal waren aber die Aussagen von Nationaltrainer Fatih Terim.
Terim: "Beide Schiedsrichter sind Diebe"
"Die Qualifikation ist nicht auf dem grünen Rasen, sondern am grünenTisch entschieden worden. Das ist ja auch kein Wunder, wenn die Hauptverantwortlichen der Fifa aus der Schweiz kommen und sowohl Fifa und Uefa ihren Sitz in der Schweiz haben", schimpfte Terim, der von einer groß angelegten Verschwörung sprach.
Vor allem die Unparteiischen machte der Coach für das türkische Ausscheiden verantwortlich: "Beide Schiedsrichter haben uns die Fahrkarte nach Deutschland gestohlen. Sie sind Diebe. Wir sind ausgeschieden, weil die Schweiz in beiden Spielen mit zwölf Mann spielen konnte."
Blatter will "scharf durchgreifen"
Blatter brachten die Aussagen und vor allem die Vorkommnisse in Rage. "Was passiert ist, ist des Fußballs unwürdig. Das Fairplay wurde mit Füßen getreten", sagte der Fifa-Boss.
"Ich sage ihnen das nicht als Schweizer, sondern als Fifa-Präsident: Wir werden handeln und scharf durchgreifen."
Neben einem Ausschluss von der Qualifikation zur WM 2010 sind auch mehrere Pflichtspiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit sowie hohe Geld- und persönliche Strafen denkbar. Vor der Auslosung der WM-Gruppen am 9. Dezember in Leipzig will das Fifa-Exekutivkomitee eine Entscheidung fällen.
"Die Schweizer haben die Ereignisse provoziert"
Die zu erwartenden drakonischen Sanktionen stießen in der Türkei erwartungsgemäß auf Unverständnis. "Wir haben nichts gemacht, dass wir so drakonische Strafen verdient hätten", erklärte Nationalmannschafts-Manager Davut Disli.
"Nach dem Schlusspfiff sind die Schweizer Spieler geschlossen in die Kabine gerannt. Das war alles geplant. Die Schweizer, vor allem der Spieler Huggel, haben die Ereignisse provoziert. In der Kabine gab es wüste Beschimpfungen. Wir haben Bildmaterial und das teilten wir auch den Kommissaren mit."
In die gleiche Richtung gingen die Äußerungen von Verbands-Vizepräsident Sekip Mosturoglu. "Die Äußerungen von Blatter sind leider emotional und völlig einseitig. Die höchste Strafe, die wir bekommen würden, wäre eine Stadionsperre. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir von internationalen Turnieren ausgeschlossen werden", meinte er.
Ähnliche Ausschreitungen bereits 2003 gegen deutsche U 21
Dabei waren die Geschehnisse nach dem Schlusspfiff im Kabinengang des Sükrü-Saracoglu-Stadions nicht die ersten gewalttätigen Ausschreitungen mit türkischer Beteiligung. Schon beim Erfolg der deutschen U 21 in der EM-Qualifikation 2003 hatten türkische Spieler, Offizielle und Sicherheitsleute die DFB-Akteure attackiert.
Ähnlich war es auch diesmal. "Es war unfassbar. Türkische Spieler und Ordnungskräfte haben auf uns eingeprügelt", berichete der Schweizer Mittelfeldakteur Raphael Wicky. Und auch Kameraleute wurden von Polizisten geschlagen.
Am schlimmsten traf es Ersatzspieler Stephane Grichting, der nach einem Tritt in den Unterleib ins Krankenhaus gebracht werden musste, und Torwarttrainer Erich Burgener. Der Assistent von Nationalcoach Köbi Kuhn wurde von Wurfgegenständen getroffen und trug ein blaues Auge davon.
Altintops mit Zivilcourage
Die große Ausnahme im Chaos bildeten die Altintop-Zwillinge Hamit und Halil, die alles dafür taten, um die Lage ein wenig zu beruhigen.
"Die Altintop-Brüder haben mich in die Mitte genommen, gegen ihre eigenen Mannschaftskollegen verteidigt und mich schließlich in die Kabine gebracht. Wenn die beiden nicht gewesen wären, dann gute Nacht", stellte HSV-Profi Wicky das Engagement der beiden Bundesligaspieler heraus.
Lauterns Halil entschuldigte sich später sogar noch in der Schweizer Kabine für das Verhalten seiner Landsleute.
"Wir haben uns zwei Stunden in der Kabine eingeschlossen. Später wurden wir dann unter Polizeischutz ins Hotel gebracht", erzählte Wicky.
"Für mich geht ein Traum in Erfüllung"
Am Donnerstag wurde das Team schließlich "wie irgendein Staatspräsident" (Wicky) zum Flughafen in Istanbul eskortiert, von wo es nach Zürich ging.
Dort kannte die Begeisterung allerdings nach der ersten WM-Teilnahme seit 1994 keine Grenzen und auch bei den Spielern wich der Schock über das Erlebte der Freude. "Für mich geht ein Traum in Erfüllung", sagte Wicky.
"Wahnsinn, dass ich mit der Schweiz in Deutschland an diesem Turnier teilnehmen darf."
Quelle:
www.sport1.de